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21. April 2023

Mit Nähe und Geborgenheit – mein weinendes Baby begleiten

Endloses Weinen kann an den Nerven zerren. Häufig wird der Grund für dieses Phänomen nicht verstanden, was zu einer Überforderung der Eltern führt. Mit einer angemessen Reaktion lässt sich das Baby aber beruhigen.

Das Baby ist endlich da und die Freude gross. Wenn das Kind jedoch oft, heftig und lange weint, kann dies zu einer grossen Belastung werden. Doch was steckt dahinter, wenn ein Baby nicht aufhört zu weinen? «Das Weinen ist aus der Sicht des Kindes ein Signal, das auf ein Bedürfnis hinweist. Nebst Hunger, Durst und das Bedürfnis nach Nähe oder Schlaf kann eine Reizüberflutung oder Frustration auslösend sein. Möglich ist aber auch eine belastete Schwangerschaft oder eine schwierige Geburt», erklärt Dr. Cyril Lüdin, verantwortlicher Kinderarzt am Bethesda Spital und Fachberater für Emotionelle Erste Hilfe EEH. Häufig werden Koliken als Ursache angesehen. Das sei aber selten der wirkliche Grund, erklärt Lüdin: «Da sich das Kind windet und zusammenzieht, hat man das Gefühl, dass der Bauch schmerzt. Doch die wenigsten Kinder haben ein organisches Leiden. Deshalb löst eine Schmerzbehandlung das Weinen nur selten.»
 

Wie ist es denn zu erklären? Weinen hat in vielen Fällen eine Entlastungsfunktion. «Eine Schwangerschaft kann belastend sein, etwa wenn die Mutter immer Angst hat und ständig unter Druck ist – das überträgt sich direkt auf das Ungeborene. Das Kind erlebt während der Schwangerschaft alle Stimmungen der Mutter.» Deshalb sei es wichtig, das weinende Kind auf den Arm zu nehmen und es in seinem Weinen zu begleiten. Für Eltern ist es schwierig zu verstehen, was hinter dem Dauerweinen steckt, sie kommen in eine Überforderung und Erschöpfung.
 

«Weinen löst unangenehme Gefühle und wirkt entspannend. Es braucht ein Umdenken, um das Weinen nicht als Störfaktor zu sehen.»


Dr. Cyril Lüdin, Kinderarzt am Bethesda Spital, Fachberater für EEH

Störfaktor Weinen

«Weint mein Kind untröstlich und ich kann das Weinen nicht stoppen, bin ich eine schlechte Mutter/ein schlechter Vater – dies sind die Gedanken, welche auch in der Gesellschaft fest verankert sind. In dieser belastenden Situation versuchen die betroffenen Eltern alle möglichen Techniken um dieses Weinen zu stoppen. Sie geraten durch diese Aktivitäten ‹ausser sich›. Das Baby bräuchte aber ein entspanntes Gegenüber», so der Experte. Für viele junge Eltern ist das schwierig, denn sie befinden sich in einem neuen Umfeld und werden mit Ratschlägen überhäuft. «Ein Schreikind ist nicht als solches auf die Welt gekommen und will auch nicht die Mutter oder den Vater zermürben. Es schreit, weil das System überfordert ist.» Deshalb liesse sich das Problem oft lösen, indem man Ruhe vermittelt.

Weinen löst unangenehme Gefühle und wirkt entspannend. «Wenn das jemand aushalten kann, spürt das Kind das sichere Gegenüber und kann sich eher beruhigen. Ich sage den Eltern jeweils, dass es etwas Wunderbares ist, wenn das Kind in einem sicheren Umfeld weinen darf. Wenn ich ruhig umhergehe und regelmässig tief atme, kann das beim Gegenüber zur Entspannung führen», so Lüdin. Wichtig ist, dass die Eltern erfahren, dass das Weinen nicht gegen sie gerichtet ist, sondern der Entlastung dient. Es braucht ein Umdenken, eine andere Haltung, um das Weinen nicht als Störfaktor zu sehen. Weitere wertvolle Tipps erhalten Sie als Eltern und Grosseltern bei unserem öffentlichen Vortrag am Bethesda Spital.